Der Reichsparteitag im Unterricht – eine zeitgenössische Diaserie

Diaserie zu den Reichsparteitagen. (DZO-0137)
Teilnehmer des "Adolf-Hitler-Marsches der deutschen Jugend" tragen Fahnen der HJ an Hitler vor dem Hotel Deutscher Hof vorbei. (DZO-0137-01)Zu Beginn des Parteikongresses werden die Namen der "Toten der Bewegung" (sogenannte "Blutopfer") vorgelesen. (DZO-0137-02)Der Reichsarbeitsdienst bewohnte, wie HJ, SA und SS auch, ein großes Zeltlager in Langwasser. (DZO-0137-03)Beim "Tag des Reichsarbeitsdienstes" traten die RAD-Männer auf dem Zeppelinfeld an. (DZO-0137-04)Konstantin Hierl, der Chef des Reichsarbeitsdienstes, meldet die angetreten RAD-Männer. (DZO-0137-05)Den "Appell der Politischen Leiter" umgab ab 1936 der "Lichtdom" aus Flakscheinwerfern. (DZO-0137-06)Im Städtischen Stadion ("Stadion der Hitler-Jugend") trat die HJ an. (DZO-0137-07)Unter dem Flachdach der Haupttribüne war ein Podest für Hitler und Reichsjugendführer Baldur von Schirach aufgebaut. (DZO-0137-08)Hitler schritt die Reihen der HJ ab und nahm Meldungen der jeweiligen Bannführer entgegen. (DZO-0137-09)In der Luitpoldarena vollzogen SA und SS eine Art Totenkult. (DZO-0137-10)In der Luitpoldarena vollzogen SA und SS eine Art Totenkult. (DZO-0137-10)Hitler "weihte" neue Standarten mit der sogenannten "Blutfahne" des Hitler-Putsches von 1923. (DZO-0137-12)Nach dem Appell in der Luitpoldarena marschierte die SA durch die Stadt und über den Hauptmarkt. (DZO-0137-13)Auch beim "Tag der Wehrmacht" wurden einmal mehr Fahnen präsentiert. (DZO-0137-14)Als besondere Attraktion präsentierte die Wehrmacht Waffen in Gefechtssituationen. (DZO-0137-15)
Herausgeber:

Reichsstelle für den Unterrichtsfilm (RfdU)

Hersteller:

Lichtbilderverlag Benzinger, Stuttgart

Erscheinungsjahr:

1938

Umfang:

15 Dias, Originalkarton

Beschreibung:

Dias, in Glas gerahmt, mit aufgeklebten Beschriftungen

Maße:

5 cm hoch, 5 cm breit, 0,3 cm dick (Dias)
5,2 cm hoch, 6,5 cm breit, 9 cm lang (Karton)

Sammlungsnummer:

DZO-0137 und DZO-0139

In einem kleinen Karton mit der Beschriftung "Reichsparteitage K.R.3 15 B." in der Sammlung des Dokumentationszentrums Reichsparteitagsgelände befinden sich 15 in Glas gerahmte Dias der Reichsparteitage. Die Serie ist ein kleiner Teil der ab 1934 durch die Reichsstelle für den Unterrichtsfilm (RfdU) organisierte mediale Beeinflussung des Schulunterrichts im Nationalsozialismus. Der Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung Bernhard Rust, ein völkischer Antisemit und bereits seit 1925 Mitglied der NSDAP und der SA, hatte die Reichsstelle 1934 gegründet, um Schulen systematisch mit Film- und Bildmaterial im nationalsozialistischen Sinn auszustatten.

Neben der Herstellung von Filmen für den Hochschulunterricht produzierte die Reichsstelle für den Unterrichtsfilm speziell für die Schulen 270 Filme. Diese sollten vor allem auch bei den "neuen Unterrichtsgegenständen Rasse- und Volkskunde" eingesetzt werden – so der Ministerialerlass Rusts zur Gründung der Reichsstelle. Neben der Filmproduktion unterstanden der RfdU 36 Landesbildstellen und über 1.200 Kreisbildstellen, über die auch derartige Diaserien und Projektoren vertrieben wurden. In einem Erlass der Reichstelle von 1937 war festgelegt worden, dass das Lichtbild keineswegs gegenüber dem Film zurücktreten solle, sondern "vielmehr ein dem Film gleichwertiges Unterrichtsmittel sei." Das Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände besitzt dank einer Schenkung über 50 Diaserien unterschiedlichen Formats zu verschiedensten Themen – auch einige mit klar rassistischer Ausrichtung.

 

Ein Idealbild der Reichsparteitage – zugeschnitten auf Schüler

Hergestellt wurde die Diaserie vom Lichtbilderverlag Theodor Benzinger in Stuttgart, der neben Büchern schon seit 1904 Lichtbilder (auch mit Vortragstext) sowie Diaprojektoren vertrieb. Die RfdU gab die Serie "Reichsparteitage" als "Schulkernreihe 3/1938" heraus. Zur Herstellung von solchen Schulkernreihen war die Reichsstellung durch Ministerialerlass verpflichtet. Dies zeigt, dass das Thema Reichparteitage im Unterricht einen hohen Stellenwert haben sollte.

Ob es zu der Serie "Reichsparteitage" einen Vortragstext gab, ist derzeit noch ungeklärt. Die Bildauswahl lässt aber einige Interpretationen zu und zeigt, dass hier ein Idealbild der Reichsparteitage für ein speziell jugendliches Publikum präsentiert werden sollte. Die Bilderserie orientiert sich weder am zeitlichen Ablauf der Reichsparteitage noch wird versucht, repräsentativ die beteiligten Gruppen zu zeigen.

Sie beginnt mit dem aus nationalsozialistischer Sicht wohl bedeutendsten Ereignis für die Hitler-Jugend, nämlich dem Vorbeimarsch der Bannfahnen der HJ an Hitler am Hotel Deutscher Hof. Dabei handelte es sich um das symbolische Ende des "Adolf-Hitler-Marsches der deutschen Jugend", ein Sternmarsch von Hitler-Jungen aus ganz Deutschland nach Nürnberg. Von den 15 Dias zeigen allein vier die Hitlerjugend und geben ihr so eine besondere Bedeutung. Nur die SA ist ebenfalls mit vier Aufnahmen vertreten, die Politischen Leiter (Funktionsträger der NSDAP) nur einmal, die SS dagegen gar nicht.

Die Reichsparteitage werden in der Diaserie vor allem auch als bedeutungsschwangere kultische Veranstaltung vorgestellt: Allein 5 Dias zeigen Fahnenweihen, das Verlesen der Namen der im politischen Kampf getöteten NSDAP-Mitglieder ("Blutopfer") oder die Totenehrung der SA. Die Bilderserie zeigt die Nürnberger Reichsparteitage als Veranstaltungen, die vor allem auf Adolf Hitler ausgerichtet sind: Auf 12 der 15 Dias ist Hitler zu sehen, teilweise als Hauptmotiv oder als "Führer" inmitten der angetretenen Massen.

 

 

Wenn auch der Beginn der Diaserie nicht mit dem Beginn des Reichsparteitagsprogramms übereinstimmt, so endet die Serie doch mit dem üblichen Höhepunkt und Schluss der Parteitage – dem Tag der Wehrmacht. Der Spannungsbogen der Serie, der Aufmarsch der HJ in martialischen Marschordnungen bis hin zu den Gefechtsübungen der Wehrmacht auf dem Zeppelinfeld mit Panzern ist ein deutliches Lob auf den Kampf, und damit letztlich auch eine Einstimmung auf militärischen Drill und einen kommenden Krieg.

Schülerinnen sind ganz offenbar nicht die Zielgruppe dieser Diaserie. Frauen kommen nicht vor, weder der Bund deutscher Mädel, noch die NS-Frauenschaft. Nicht einmal Zuschauerinnen des Geschehens sind auf den Bildern zu erkennen. Es handelt sich so um eine Diaserie für den Schulunterricht mit Jungen.


Zum Weiterlesen:

Malte Ewert: Die Reichsanstalt für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht (1934-1945), Hamburg 1998

Reihe "Ans Licht geholt – aus der Sammlung des Dokumentationszentrums"

Text und Recherche: Alexander Schmidt
27.12.2021
Textlizenz: CC BY SA 4.0
© Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände

Die Bilder dürfen nur nach Rücksprache mit dem Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände genutzt werden!
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