Beeindruckende Fotos: So sah Nürnberg einmal aus

15.11.2018, 21:59 Uhr
Beeindruckende Fotos: So sah Nürnberg einmal aus

© Stadtarchiv

Über dem Hauptmarkt wölbt sich ein blauer Himmel, die Händler warten auf Kundschaft. Die Szene wirkt friedlich und stammt doch aus einer schrecklichen Zeit. Wer genau hinsieht, entdeckt am rechten Bildrand den Krieg: Der Michaelschor der Frauenkirche ist zum Schutz vor Zerstörung ummantelt. Das Bild stammt aus der Zeit um 1942, der Name des Fotografen ist nicht bekannt. Die Aufnahme gehört zu einer Sammlung von rund 50.000 Farbdias, die sich im Stadtarchiv befindet. Viele von ihnen wurden von städtischen Mitarbeitern aufgenommen, aus dem Hochbauamt zum Beispiel oder dem Stadtplanungsamt. Aber auch private Spenden sind darunter. Sie alle dokumentieren den Wandel der Stadt.

"Mit diesem Buch geben wir einen Einblick in einen wenig bekannten Fotoschatz", sagt Ruth Bach-Damaskinos vom Stadtarchiv, die den Bildband gemeinsam mit ihrem Kollegen Thomas Dütsch erarbeitet hat. Das Autorenteam hat 180 Aufnahmen zusammengestellt, die vier Jahrzehnte Stadtgeschichte repräsentieren. Sie beginnt Mitte der 1930er Jahre, als Kodak und Afga die ersten Farbdiafilme auf den Markt brachten. Aus dieser Zeit besitzt das Archiv viele Sammlungen von Amateurfotografen. Sie dokumentieren das Leben in der Stadt vor dem Zweiten Weltkrieg, zeigen pittoreske Ansichten von verwinkelten Gassen und schmalen Häuserfronten, mal mit Schnee auf den Dächern, mal mit blühenden Geranien in den Fenstern.

Zwischen Wiederaufbau und Wirtschaftswunder

Das zweite Kapitel zeigt die zerstörte Nachkriegsstadt. Die Bilder stammen von Ray D’Addario, der als offizieller Bildreporter der US-Armee die Nürnberger Prozesse dokumentieren sollte. Wenn ihm Zeit blieb, fotografierte er auch das Alltagsleben der Menschen in der Trümmerlandschaft. Und schließlich geht es in dem Buch weiter mit Wiederaufbau und Wirtschaftswunder. Die Nürnberger kämpfen sich zurück ins Leben, der Rat folgt dem Leitbild der autogerechten Stadt und entscheidet sich dennoch auch für die Errichtung einer Fußgängerzone. Das Volk gibt sich nach den Jahren des Darbens freudig dem ersten bescheidenen Konsum hin.

Bücherbus rollt den Ölberg hinauf

Thomas Dütsch mag ein Foto aus dem Jahr 1961 besonders. Zu sehen ist der Bücherbus, geparkt am Ölberg. "Hier zeigt sich auch der kulturelle Wiederaufbau der Stadt." Damit das Bardentreffen in dem Buch nicht fehlt, haben die Autoren einen "Ausreißer" zugelassen: ein Bild aus dem Jahr 1976. Die Liedermacher hatten erstmals die Stadt erobert, ein Großereignis war geboren.

Ruth Bach-Damaskinos und Thomas Dütsch: Nürnberg in Farbe 1935 bis 1975, Sutton Verlag, 168 S., 30 Euro.

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